Infoseite Zuwanderungsgesetz und Anti-Terror-Gesetze
Zusatzinfo 11
Erstellt: 11.12.2002


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Wortlaut IMK-Beschluesse / Winterabschiebestopp für Romafamilien aus Serbien / DGB, RAV, RBK zu Bleiberechtsregelung

Die IMK-Beschlüsse im WORTLAUT zum download gibt's unter

http://www.bremen.de/innensenator/Kap4/PDF/0212.pdf
(260 KB)

Die Beschlüsse im Wortlaut sind - anders als die bereits kursierende Presseerklärung - erst seit heute (10.12.02) unter der o.g. URL online, interessant u.a.:

- Zusammenarbeit mit Europol
- Schengen-Erfahrungsbericht
- Rückführung in das Kosovo (Beschluss)
- Rückführung nach Afghanistan (Beschluss)
- Rückführung von Ausländern auf dem Luftweg - Einsatz medizinischen Begleitpersonals
- Haltung der Ärztekammern zu ärztlichen Untersuchungen im Rahmen von Rückführungen
- Konzept der Arbeitsgruppe "Rückführung" zur Einrichtung einer dateigestützten   Passabgleichstelle
- Aufnahme Biometrische Merkmale in ausländerrechtlichen Dokumenten
- Vaterschaftsanerkennungen zu Zwecken der Erlangung eines Aufenthaltstitels bzw. der deutschen Staatsangehörigkeit
- Strategien zum Schutz der Bevölkerung bei Großschadensereignissen (Beispiele Terroranschläge am 11. September 2001, Hochwasserkatastrophe, ...), Unterstützung durch die Bundeswehr beim Schutz vor den Folgen terroristischer Anschläge, insbesondere für die Bereiche biologische und
chemische Stoffe, Sanitätswesen und Kommunikation



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Zumindest NRW und Berlin haben einen Winterabschiebestopp für Romafamilien mit Kindern aus Serbien/Montenegro erlassen:

Abschiebung von Roma: NRW will Härten für Familien mit Kindern vermeiden - Behrens begrüßt Ergebnis der Innenminister-konferenz
http://www.im.nrw.de/pe/pm2001/news_885.htm

Düsseldorf, 06.12.2002 Nordrhein-Westfalen wird bei der Rückführung von Roma nach Serbien und Montenegro auf Familien mit Kindern unter 16 Jahren Rücksicht nehmen. "Zwangsweise Rückführungen in schwierige Unterbringungsverhältnisse sind gerade während der kalten Wintermonate eine besondere Härte für diesen Personenkreis", erklärte NRW-Innenminister Dr. Fritz Behrens heute in Bremen. Das in der IMK erzielte Beratungsergebnis der IMK biete den Ländern die Möglichkeit, behutsam vorzugehen. ...


aus TAZ Berlin 10.10.02
http://www.taz.de/pt/2002/12/10/a0213.nf/text.name,askswzVLI.n,1

[Berlins Innensenator] Körting ist in der vergangenen Woche bei der Innenministerkonferenz (IMK) mit seinem Vorstoß gescheitert, zumindest für einen Teil der langjährig in Deutschland lebenden Roma eine Altfallregelung durchzusetzen. Lediglich für Familien mit Kindern soll bis zum 31. März ein Abschiebestopp gelten. "Das heißt aber auch, dass Alleinstehende und Straftäter weiter abgeschoben werden", konkretisierte seine Sprecherin, Henrike Morgenstern, die Vereinbarung der IMK. Dass Körting von dieser Vereinbarung nicht abweichen wird, hatte er schon im Vorfeld deutlich gemacht. "Wenn der Vorstoß bei der IMK scheitert, bleibt es bei der generellen Ausreiseverpflichtung auch für langjährig hier lebende Roma", sagte er im Interview mit der taz. "Dann kann man nur sehen, welche Fälle als humanitäre Einzelfälle anders zu behandeln sind." Hintergrund des Konflikt ist ein neues Ruckführungsabkommen zwischen Deutschland und Jugoslawien, das seit dem 1. November in Kraft ist. Nach Schätzungen der Grünen sind in Berlin rund 5.600 Roma von dem Abkommen betroffen. (...)


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Rechtsberaterkonferenz fordert Bleiberechtsregelung
- Presseerklärung zur IMK -

http://www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/pdf/Bleiberecht-RBK.pdf
(90 KB)



Stellungnahme des Deutschen Anwaltsverbandes, Ausschuss Ausländer- und Asylrecht,   zum Erfordernis einer Bleiberechtsregelung für langjährig Geduldete am Beispiel der Flüchtlinge aus Afghanistan

http://www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/pdf/Bleiberecht-DAV.pdf
(180 KB)



DGB: Zuwanderungsgesetz schreibt erstmalig Integration gesetzlich fest
DGB Bundesvorstand PM 320 07.12.2002
http://www.dgb.de/presse/pressemeldungen/pmdb/pressemeldung_single?pmid=1921

DGB-Vorstandsmitglied Heinz Putzhammer hat das neue Zuwanderungsgesetz als ersten Schritt zum notwendigen Perspektivenwechsel in der Einwanderungs- und Migrationspolitik bezeichnet. "Erstmalig wird ein Anspruch auf Teilnahme an Integrationskursen, wenn auch nur für einen Teil der Betroffenen, gesetzlich festgelegt", sagte Putzhammer am Samstag, anlässlich der 32. Recklinghäuser Tagung der IG Bergbau, Chemie, Energie.

Kritik übte Putzhammer an der Entscheidung der Innenministerkonferenz, Migranten, die länger als fünf Jahre in Deutschland leben, nach wie vor keinen sicheren Aufenthaltsstatus einzuräumen. "Für uns bleibt eine Schlussstrichregelung nicht nur aus humanitären Gründen wichtig", sagte Putzhammer. Auch aus arbeitsmarkt- und sozialpolitischer Sicht sei es unsinnig, neue Arbeitsmigranten anzuwerben und gleichzeitig denjenigen, die bereits lange in Deutschland lebten, einen sicheren Aufenthalt und damit auch einen gleichrangigen Zugang zum Arbeitsmarkt zu verwehren.

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Die Guten in den Integrationskurs, der Rest ins Ausreisezentrum

Für Flüchtlinge, die in Deutschland nur geduldet sind, könnte die rot-grüne Zuwanderungspolitik katastrophale Folgen haben

Von Ursula Rüssmann (Frankfurt a.M.)
Frankfurter Rundschau 10.12.2002

Der Versprecher des Rechtsanwalts hatte Freudsche Qualität. Auf diejenigen Menschen wollte er hinweisen, denen von Januar an die "völlige Rechtlos-Stellung" drohe, wenn mit dem neuen Zuwanderungsgesetz die Duldungen abgeschafft werden. Irgendwie gerieten dem Juristen aber die Buchstaben durcheinander, und statt "Flüchtlinge" rutschte ihm "Schlechtlinge" raus. Das sei doch ganz im Sinne des Gesetzgebers, feixten die versammelten Ausländerberater, und die Erheiterung war groß.

Humor ist, wenn man trotzdem lacht, könnte man sagen. Denn bei Rechtsanwälten, Asylinitiativen und Sozialverbänden geht in Sachen rot-grüner Flüchtlingspolitik eher Ernüchterung um. Zwar ist da der eine oder andere Fortschritt zu erkennen - vor allem, dass nichtstaatlich Verfolgte künftig auf mehr Schutz hoffen können, wenn das Zuwanderungsgesetz vor dem Bundesverfassungsgericht Bestand hat. Aber viele andere Menschen ohne deutschen Pass werden tiefer in den Schatten rutschen. Sie zahlen den hohen Preis für das Ordnungsprinzip der neuen Zuwanderungspolitik, das, plastisch formuliert, heißt: Die Guten (sprich: Bleibeberechtigten) in den Integrationskurs, die anderen ins Ausreisezentrum.

Ab Januar, fürchten Flüchtlingsexperten, wird es in Deutschland eine neue Spezies des vom Gesetzgeber für unerwünscht erklärten Ausländers geben: die "Bescheinigten". Derzeit haben nach Schätzungen von Pro Asyl etwa 230 000 Menschen hier zu Lande eine Duldung. Die soll wegfallen, und wer stattdessen keine Aufenthaltserlaubnis erhält, sondern nur eine Bescheinigung, der gerät im von Rot-Grün ausgerufenen Jahrzehnt der Integration aufs Abstellgleis. Er wird nicht mehr arbeiten und sein Bundesland nicht verlassen dürfen. Auch muss er damit rechnen, zwangsweise in ein Ausreisezentrum gesteckt zu werden, was laut Gesetz seine "Bereitschaft zur freiwilligen Ausreise" fördern soll. Die Frage nach dem Wohin gerät dabei in den Hintergrund.

Rechtsanwalt Rainer Hofmann, Sprecher der Rechtsberaterkonferenz, sieht darin schlicht "Diskriminierung und Marginalisierung. Das läuft nach der Devise: Man muss den Leuten das Leben nur unerträglich machen, dann gehen sie schon." Als derart bedroht gelten Zehntausende, darunter Gruppen, deren Heimatländer keineswegs sicher und demokratisch sind:
afghanische und irakische Flüchtlinge etwa, Roma und so mancher türkische Kurde. Für sie gilt künftig das Diktum des aktuellen Koalitionsvertrags, wonach "die Ausreisepflicht von Nicht-Bleibeberechtigten konsequent durchgesetzt wird".

Keine Früchte hat bei Rot-Grün bisher das Bettelkonzert von UN-Flüchtlingskommissariat, Rechtsberatern und Pro Asyl getragen. Sie alle machen sich für verschiedene Modelle von Altfallregelungen stark, die sämtlich darauf hinauslaufen, "sich der Realität in Deutschland zu stellen", wie Bernd Mesovic von Pro Asyl sagt. Die sieht eben so aus, dass viele der derzeit Geduldeten nur wegen des restriktiven Flüchtlingsrechts keinen besseren Aufenthaltsstatus haben; dass sie aber seit Jahren hier leben und arbeiten, ihre Kinder hier aufgewachsen sind und sie die Muttersprache nicht mehr sprechen. "Legalisierungskampagnen" für solche Gruppen haben sich in anderen europäischen Staaten schon bewährt - in den Konzepten von Rot-Grün sind sie nicht vorgesehen.

Damit drohen sich im Rechtsstaat Deutschland neue Inseln der Rechtlosigkeit aufzutun. Sie gesellen sich zu denen, die schon bestehen und auf politischer Ebene nicht mehr hinterfragt werden. Da ist das Flughafen-Asylverfahren, das Amnesty International wegen der extrem kurzen Anhörungs- und Klagefristen als unfair einstuft. Da ist ferner die Praxis der Abschiebehaft: Sie gilt Menschenrechtlern als unverhältnismäßig, weil sie Menschen oft viele Monate hinter Gittern hält, ohne dass sie eine Straftat begangen hätten.

Noch im Koalitionsvertrag von 1998 hatte Rot-Grün versprochen, Flughafenverfahren und Abschiebehaft auf ihre Verhältnismäßigkeit zu prüfen. Getan hat sich nichts, außer, dass in der neuen Koalitionsvereinbarung nicht einmal mehr die Prüfabsicht auftaucht. Damit ist zementiert, was vor allem die Grünen einst heftig kritisiert haben. "Allgemeine Mutlosigkeit" diagnostiziert ein Asylexperte denn auch inzwischen beim kleinen Koalitionspartner, wenn es um Flüchtlingsfragen geht. Keine guten Aussichten für "Schlechtlinge".




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Kontakt: Georg Classen - Divi Beineke