Presseerklärung PRO ASYL
3. Mai 2004
PRO ASYL begrüßt den heute von Bündnis 90/Die Grünen angekündigten Ausstieg aus den Verhandlungen zum Zuwanderungsgesetz.
Ein modernes, in die Zukunft gerichtetes
Einwanderungsrecht war nicht mehr zu erreichen.
Die Verhandlungen sind an der monatelangen Blockadehaltung der Union gescheitert und nicht, wie von manchen behauptet,
an überzogenen Vorstellungen der Grünen.
Eine vergangenheitsorientierte Union hatte offensichtlich an einer zukunftsorientierten Zuwanderungspolitik kein Interesse.
Gegen die gesellschaftliche Einsicht, dass Deutschland ein Einwanderungsland ist und entsprechende rechtliche Konsequenzen
gezogen werden müssen, hat sich die Union bis zuletzt gesperrt. Obwohl schon das von der Regierung vorgelegte Gesetz in vielen
Bereichen restriktiv war und die CDU/CSU viele ihrer Vorstellungen durchgesetzt hatten, wurden immer neue Verschärfungen gefordert.
Nach über zwei Jahren Stagnation in der Migrations- und Flüchtlingspolitik ist der Weg frei für Alternativen. Die rot-grüne
Koalition kann nun erforderliche Reformen auf den Weg bringen.
Wesentliche Reformen im Ausländer- und Asylrecht können auch ohne Zustimmung des Bundesrates realisiert werden. Dazu gehören insbesondere:
- besserer Schutz für Opfer nichtstaatlicher und geschlechtsspezifischer Verfolgung durch Änderung des Ausländergesetzes aufgrund der
beschlossenen EU-Richtlinie
- Erleichterung der Möglichkeit zur Arbeitsaufnahme für Studenten nach Abschluss des Hochschulstudiums
- Einführung des Familienasyls für Flüchtlinge nach der Genfer Flüchtlingskonvention
- Vollständige Umsetzung der Europäischen Menschenrechtskonvention auch bei drohender Folter durch nichtstaatliche Akteure
- Erleichterung des Übergangs von einer Duldung zur Aufenthaltsgenehmigung durch Änderungen im Ausländergesetz
- Schaffung von Handlungsspielräumen in Härtefällen
- Rücknahme des deutschen Vorbehalts zur UN-Kinderrechtskonvention und Umsetzung der erforderlichen ausländerrechtlichen Anpassung
- Neuregelung des Aufenthaltsrechts der EU-Bürger.
Diese - keineswegs abschließende - Liste zeigt, dass eine Bundesregierung, die im Bundestag über eine Mehrheit verfügt, sehr wohl
Handlungsmöglichkeiten hat. Auch die SPD muss sich nun aus dem gescheiterten Projekt verabschieden und sich auf ihre Ziele zurückbesinnen.
Günter Burkhardt
Geschäftsführer
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Anmerkung:
Die von PRO ASYL geforderte Bleiberechtsregelung für langjährig Geduldete und Asylsuchende bedarf keiner Zustimmung des Bundesrates.
Möglich wäre z.B. die Änderung des § 100 Ausländergesetz durch Streichung des dort genannten Stichtages für die Bleiberechtsreglung
(=acht Jahre Aufenthalt vor Inkrafttreten des AuslG 1990...), Verkürzung der Frist auf 5 bzw. 3 Jahre sowie einige Klarstellungen,
z.B. dass der zwischenzeitliche Besitz einer Grenzübertrittsbescheinigung usw. als geduldeter Aufenthalt gilt und dass der Versagensgrund
des § 7 Abs. 2 AuslG (Sozialhilfebezug) zumindest für die erste Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis unerheblich ist.
Eine solche bundesgesetzliche Regelung bedarf weder der Zustimmung des Bundesrates noch der Zustimmung der Innenministerkonferenz.
mfg
Georg Classen
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